Schweiz/Österreich/Deutschland
Regie: Shirin Neshat
Mit Pegah Ferydoni, Arita Shahrzad
Kinostart: 1. Juli 2010
Filmemacher haben im Iran gegenwärtig wie alle Künstler einen schweren Stand. Deshalb haben es die prominentesten Regisseure in letzter Zeit vorgezogen, im Ausland zu arbeiten. Zum Beispiel Abas Kiarostami oder Rafi Pitts. Auch die international bekannte Videokünstlerin Shirin Neshat lebt und arbeitet in New York – dabei ist sie ihrem Generalthema Iran und Islam immer treu geblieben. Auch bei ihrem Spielfilmdebut „Women without men“, für das sie im letzten Herbst bei den Filmfestspielen von Venedig mit dem „Silbernen Löwen“ für die beste Regie ausgezeichnet wurde. Hintergrund ihres Films ist der von Großbritannien und den USA gesteuerte Putsch 1953 gegen den damaligen iranischen Premierminister Mohammed Mossadegh, in dem Historiker den Ausgangspunkt für die heutige Misere im Iran sehen.
Teheran im August 1953: ein Land am Rande des Bürgerkriegs. Noch scheint sich die Regierung von Premierminister Mohammed Mossadegh halten zu können. Sie hat breiten Rückhalt in der iranischen Bevölkerung. Noch geht das Leben in der Hauptstadt seinen alltäglichen Gang.
Da ist zum Beispiel Fakhri, eine elegante, aber unglücklich verheiratete Frau mittleren Alters. Deshalb nimmt sie das Angebot ihres ehemaligen Liebhabers zu einem Aperitif in einem Restaurant gerne an. Ein paar Straßen weiter wird sich Zarin eine junge Prosituierte von einer Minute auf die nächste bewusst, dass ihr Leben so nicht weitergehen kann. Eine andere Frau bringt sich um, weil sie die Repressionen durch ihren Bruder nicht mehr aushält.
Zarin wird keinem Freier mehr zu Diensten sein, Fakhri Ehemann und Lover verlassen und auf dem Land einen paradiesischen Garten kaufen. Hier findet auch Zarin zu sich selbst, ebenso wie Faezeh, eine andere junge Frau.
Das weibliche Refugium im Windschatten eines gesellschaftlichen Umbruchs hat keinen Bestand. Es wird von außen zerstört. Der Beginn einer verhängnisvollen Entwicklung. In einer einzigartigen Bildsprache hat Shirin Neshat mit „Women without men“ einen Schlüsselfilm auf die politische Entwicklung des Iran in den letzten 50 Jahren gedreht. Die Regisseurin schreibt dazu:
„‚Women without men‘ hält einen entscheidenden Moment im Sommer 1953 fest, als die Hoffnungen einer Nation in einem tragischen Streich durch fremde Mächte zerstört wurden. Ein Akt, der schließlich zur Islamischen Revolution von 1979 führte. Wenn wir 30 Jahre später junge Männer und Frauen in den Straßen Irans angesichts skrupelloser Brutalität protestieren sehen, werden wir einmal mehr daran erinnert, dass dieser Kampf noch immer sehr lebendig ist. Ich kann nur hoffen, dass ‚Women without men‘ einen kleinen Beitrag zu Irans gegenwärtiger Geschichtsschreibung machen wird, indem es uns die Stimme einer Nation erinnert, die 1953 von inneren wie internationalen Mächten zum Schweigen gebracht wurde, und die sich nun wieder Gehör verschafft.“
Bei ihrem stillen filmischen Protest gegen die Verhältnisse im Iran griff Shirin Neshat auf die Tradition der persisch-islamischen Mystik zurück. Auf die Dichter Hafez und Rumi. In ihrem Weltverständnis wurde der „Garten“ als Ort spiritueller Transzendenz verstanden, aber auch politisch mit Exil, Unabhängigkeit und Freiheit assoziiert. Daraus ist auf der Leinwand ein filmisches Wunderwerk über die Hoffnung geworden, mit der Kraft der Poesie dem Ungeist beizukommen.
SWR2 Journal am Morgen, 1.7.2010:
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Christine Schardt
Hallo,
klingt spannend. Ich plane einen Workshop auf Bundesebene für Seelsorgerinnen, die mit Studierenden und Lehrenden der Hochschulen in ganz Deutschland zusammenarbeiten. Unser Thema: „Weibliche Spiritualität im Film. Lebenswege, Persönlichkeitsentwicklung – Möglichekeiten der filmischen Umsetzung.“ Gibt es Referentinnen Filmemacherinnen, die sich eine Mitarbeit vorstellen könnten?
Vielen Dan k und liebe Grüße über eine Antwort oder Hinweise würde ich mich freuen. Christine Schardt