An Literatur über Alfred Hitchcock besteht selbst hierzulande kein Mangel. Rund ein Dutzend Bücher stehen zur Auswahl: das Angebot reicht von Standartwerken wie Francois Truffauts monumentales Interview „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht“ bis zu Donald Spotos Psychopathologie des Regisseurs und diversen Würdigungen des Meisters durch deutsche Filmjournalisten. Welchen Sinn macht da ein weiteres Taschenbuch über Alfred Hitchcock, „dem wahrscheinlich bedeutendsten Filmregisseur des 20. Jahrhunderts“ (Thilo Wydra).Die Begründung liegt in der Art und Weise, wie Thilo Wydra in seinem Band für die Reihe „BasisBiographien“ des Suhrkamp Verlags kundig und uneitel eine Zusammenfassung des bereits Geschriebenen gibt, ohne den Leser durch endlose Zitate zu strapazieren; kommt auf dieser Basis beiläufig zu eigenen Schlüssen. Man merkt, dass hier ein erfahrener Autor (Wydra hat bereits diverse Filmbücher geschrieben) bei der Sache war. Sein Buch gibt einen knappen, aber nicht oberflächlichen Einblick in die schwierige Persönlichkeit Hitchcocks. Stellt das große Oevre des Regisseurs nüchtern wertend in einen Zusammenhang, bei aller Begeisterung wahrt der Autor Distanz.
Zur sorgfältigen Recherche kommt Wydras Sprachgefühl, das die Lektüre angenehm und spannend zu gleich macht – selbst wenn einem Alfred Hitchcock und sein Werk durchaus vertraut sind. Die prägnante Beschreibung der einzelnen Filme lässt diesen Hitchcock-Band zum Handbuch zur schnellen Information werden. Zur Gedankenstütze. Als solche eine hilfreichen Ergänzung jeder Filmbibliothek. Handlich, dabei schön ausgestattet in Druck und Layout passt der Band auch ins Benno-Regal zu den Hitchcock-DVDs.
Wer nächtens in den nächsten Wochen noch nichts vorhat, dem bietet die ARD mehrere Hitchcock-Betthupferl. Also vorher Wydra lesen und dann Fernsehen:
Die Alfred Hitchcock Filmreihe im Ersten zum 30. Todestag
Sendetermine: 29. April bis 6. Mai 2010
In einer über sechs Jahrzehnte dauernden Laufbahn drehte Alfred Joseph Hitchcock (*13. August 1899, †29. April 1980) über 50 Filme. Nicht alle davon waren Meisterwerke – aber fast alle. Das liegt daran, dass der Meister des Suspense sich von Beginn seiner Karriere an auch als versierter Filmtechniker und nimmermüder Experimentator etabliert hatte. Stets suchte er nach Möglichkeiten, um die ohnehin steigenden Erwartungen des Publikums an „den neuen Hitchcock“ zu übertreffen. Im Ergebnis vermochte er die Zuschauer nach Belieben zu ängstigen oder zum Lachen zu bringen, etwa in dem morbiden Krimi-Kammerspiel „Cocktail für eine Leiche“ von 1948. Hitchcock perfektionierte hier die Kunst des „unsichtbaren Schnitts“. Der Film über zwei Studenten, die einen perfekten Mord planen, wirkt wie in einer einzigen Einstellung gedreht. Im britischsten seiner amerikanischen Filme setzte Sir Alfred auf Humor statt formale Experimente: „Immer Ärger mit Harry“ ist eine perfekt inszenierte schwarze Komödie über die wohl lästigste Leiche der Kinogeschichte. Nach dem Erfolg des Agententhrillers Der unsichtbare Dritte“ – in dem Cary Grant auf unvergessliche Weise von einem Flugzeug gejagt wird – drohte die Langeweile des immer Gleichen, zumal Hitchcocks Stil viel kopiert wurde. Der Filmemacher erfand sich einmal mehr neu: Basierend auf Robert Blochs Roman über den Frauenmörder Ed Gein, realisierte er einen vergleichsweise billigen Schwarzweißfilm mit geschickten Anleihen bei jenen B-Movies, die im Kino gerade so beliebt waren. Obwohl in „Psycho“ nur wenig Blut zu sehen ist, schufen Hitchcock und der Titeldesigner Saul Bass ein neues Paradigma der Darstellung von Gewalt: Mit dem schockierenden Mord unter der Dusche, eine der meistkommentierten Szenen der Filmgeschichte, verschwindet der Star Janet Leigh überraschenderweise schon nach 45 Minuten aus dem Film. „Psycho“ war stilprägend für das Genre des Psychothrillers und markierte den Ze
nit in Hitchcocks Schaffen. Mit „Marnie“, dem artifiziellen Psychogramm einer traumatisierten Frau, erzielte er 1964 einen Achtungserfolg. Auf den doppelbödigen Agententhriller „Topas“ reagierten Publikum und Kritik eher zurückhaltend – heute gilt auch dieser Film als Klassiker. In den 70er Jahren endete eine unvergleichlich lange Kreativphase, während der Hitchcock stets die volle Kontrolle über seine Projekte wahrte und oft als sein eigenes Markenzeichen im Film auftrat. Mit gebührendem Erfolg, steht sein Name doch allein auf weiter Flur in der Filmgeschichte.
29. April 2010, 0.35 Uhr
Psycho
USA 1960
Darsteller: Anthony Perkins, Janet Leigh, Vera Miles, John Gavin
Regie: Alfred Hitchcock
3. Mai 2010, 0.50 Uhr
Immer Ärger mit Harry
THE TROUBLE WITH HARRY | USA 1955
Darsteller: Shirley MacLaine, John Forsythe, Mildred Natwick, Edmund Gwenn
Regie: Alfred Hitchcock
4. Mai 2010, 0.20 Uhr
Marnie
USA 1964
Darsteller: Tippi Hedren, Diane Baker, Martin Gabel, Sean Connery
Regie: Alfred Hitchcock
5. Mai 2010, 0.35 Uhr
Cocktail für eine Leiche
ROPE | USA 1948
Darsteller: James Stewart, Farley Granger, John Dall, Cedric Hardwicke
Regie: Alfred Hitchcock
6. Mai 2010, 0.50 Uhr
Topas
TOPAZ | USA 1969
Darsteller: Frederick Stafford, Karin Dor, John Forsythe, Michel Piccoli
Regie: Alfred Hitchcock