Bernhard Grzimek (1909-1987) war in der Nachkriegszeit bis zu seinem Tod einer der bekanntesten Tier-und Naturschützer in der Bundesrepublik. Als Direktor des Frankfurter Zoos ging er neue Wege bei der einigermaßen artgerechten Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft.
Als einer der ersten in diesem Metier wusste Grzimek die Möglichkeiten von Film-und Fernsehen für seine Ziele zu nutzen. Mit „Kein Platz für wilde Tiere“ brachte Bernhard Grzimek 1956 erst als Buch, dann als Film ein neues Bewusstsein für den Schutz von Flora und Fauna insbesondere Afrikas auf den Weg.
Der drei Jahre später entstandene Dokumentarfilm „Serengeti darf nicht sterben“ wurde als erste deutsche Produktion 1959 mit einem Oscar ausgezeichnet. Bei den Dreharbeiten in Afrika kam Grzimeks Sohn Michael bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Michael Grzimek hatte bereits als Kind seine Leidenschaft für die Tierfotografie, den Tierfilm entdeckt. Er war der eigentliche Regisseur der Grzimek-Produktionen.
Nach seinem Tod gab es deshalb keine Fortsetzung der Filmarbeit:
„Kein Platz für wilde Tiere“ und „Serengeti darf nicht sterben“ sind als Klassiker des Natur-und Tierfilms in jeder Filmgeschichte verzeichnet – und seit einiger Zeit auch auf DVD verfügbar. Nahezu in Vergessenheit geraten sind die zahlreichen Kurzfilme, die Bernhard und Michael Grzimek zwischen 1950 und 1958 gedreht haben.
Die bei Absolut Medien erschiene DVD „Bernhard und Michael Grzimek – Zoo-und Expeditionsfilme“ enthält eine repräsentative Auswahl der Produktionen, die als Lehrfilme für Schulen, Besucher des Frankfurter Zoos, aber auch als so genannte „Kulturfilme“ für das Vorprogramm in den Kinos konzipiert waren. Die Edition wurde vom Forschungsprojekt „Zoo und Kino als Schauanordnungen der Moderne“ der Goethe Univer-sität Frankfurt/M und dem Deutschen Filminstitut herausgegeben. Die Kuratorin Sabine Nessel schreibt im ausführlichen Booklet, das der DVD beiliegt: „Von heute aus gesehen, sind die Filme in mehrfacher Hinsicht interessant. Sie sind ebenso lesbar als historische wie auch als ästhetische Zeugnisse der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte zwischen Aufbruch und Verdrängung. Ihre Rolle in der kulturellen und sozialen Öffentlichkeit der 1950er Jahre kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden!“
Die Filmarbeit von Vater und Sohn Grzimek begann 1950 mit den stumm gedrehten Dokumentationen „Wir Zootiere in Frankfurt am Main“ und „Ein Tag im Frankfurter Zoo“. Dabei handelt es sich um Lehrfilme, die von den Grzimeks bzw. anderen Mitarbeitern des Frankfurter Zoos bei den Vorführungen kommentiert wurden. Fragen des Tierschutzes kommen dabei ebenso zur Sprache, wie die von Grzimek immer wieder betonte artgerechten Haltung von Wildtieren in zoologischen Gärten.
Bereits ab 1953 drehten Bernhard und Michael Grzimek ihre Filme mit aufwändigem Soundtrack – mit Kommentar und eigens komponierter Musik. So bei „Tiere ohne Feind und Furcht“: Hier geht es darum, dass damals neue Konzept des Frankfurter Zoos mit seiner offenen Tierhaltung und dem weitgehenden Verzicht auf Käfige der Öffentlichkeit vorzustellen. Ausgiebig wird dabei auch die private Tierliebe der Familie Grzimek ins Bild gerückt. Michael badet zum Beispiel einen Leoparden in der heimischen Badewanne.
Aufwändig in Farbe drehten die Grzimeks ihren nächsten Film „Besuch bei Tieren“ mit dem Kabarettisten und Schauspieler Werner Finck – ein Diskurs Grzimekscher Verhaltensforschung am Beispiel der vorbildlichen Tierhaltung im Frankfurter Zoo.
Im selben Jahr 1954 begannen Bernhard und Michael Grzimek mit der Arbeit an ihren Expeditionsfilmen, mit denen sie nicht nur im Nachkriegsdeutschland, sondern international Aufsehen erregen sollten. In dieser DVD-Edition ist der elf Minuten lange Kurzfilm „Ein Fabeltier fliegt nach Deutschland“. Dokumentiert wird der erste Transport eines Okapi aus Afrika in einen deutschen Zoo.
In dem ebenfalls 1954 gedrehten Kurzfilm „Savannenerlebnis“ – einer Vorstudie zu „Kein Platz für wilde Tiere“ und „Serengeti darf nicht sterben“ – nimmt Grzimek vehement Stellung gegen die Umweltzer-störung und die hemmungslose Großwildjagd in Afrika.
Aber auch mit den Menschen in Afrika haben sich die Grzimeks in ihren Filmen immer wieder beschäftigt. Nicht ganz frei vom Geist der Zeit geht es ihnen dabei auch um Selbstbestimmung. So zeigten sie in „Zwerge unter sich“ wie die Lebensordnung des Pygmäenvolkes der Bambuti durch den Kolonialismus verändert und durch die Zerstörung ihrer Lebensumwelt bedroht ist – und das Mitte der 1950er Jahre.
War Afrika und der Raubbau an Mensch und Natur zu dieser Zeit für den deutschen Zuschauer ziemlich weit weg, rückte ihm Bernhard Grzimek 1959 mit „Schwalben am Spieß“ ziemlich nah, in dem er sich mit den weniger schönen Seiten der eben entdeckten Urlaubsregionen beschäftigte. Mit dem Singvogelfang in Italien und dem Stierkampf in Spanien. Doch nicht sie stellt Grzimek an den Pranger, sondern auch den deutschen Angler und die Umweltverschmutzung in der Nordsee. Die Intentionen der Kurzfilme fürs Kino entwickelte Bernhard Grzimek bereits 1956 für seine Fernseh-Serie „Ein Platz für Tiere“ weiter. Bis 1980 wies er hier zur besten Sendezeit beharrlich auf nationale und internationale Missstände beim Tier-und Naturschutz hin – immer mit freundlicher Bestimmtheit und einem Tiergast im Studio. Loriot setzte dem typischen Duktus dieser Sendungen mit seiner liebevollen Parodie von der „Steinlaus“ ein Denkmal.
Eine Auswahl aus der Sendereihe „Ein Platz für Tiere“ gibt es in einer Edition mit 4 DVDs von Concorde Home Entertainment für 41 Euro. „Serengeti darf nicht sterben“ und „Kein Platz für wilde Tiere“ kosten 18 Euro (von Universal). Die DVD mit den „Zoo-und Expeditionsfilmen“ ist bei Absolut Medien für 19 Euro zu haben.
In der Reihe SWRcont.ra DVD hört sich der Artikel so an:[media id=90 width=320 height=20]