Um das Thema „Arbeitslos“ geht es selten im Kino. Es ist schwierig, dafür den richtigen filmischen Ausdruck zu finden. Zwischen trostlos und Sozialkitsch mit Plattenbau-Wohnung, Verelendung, Suff und Kindern auf der schiefen Bahn, nistet häufig das mehr oder weniger selbst verschuldete Unglück. Ganz anders als in der üblichen Betroffenheits-Etude deutscher Fernsehspiele geht Stéphane Brizé in „La loi du marché“/Der Wert des Menschen“ damit um. Einer der künstlerischen Höhepunkte der Filmfestspiele von Cannes im vergangenen Jahr. Ein kleiner neuer Verleih – temperclayfilm – präsentiert ihn seit 17. März 2016 in Deutschland im Original mit deutschen Untertiteln.
Thierry ist bestimmt ein penibler Handwerker, der seinen Job als Maschinist mit Sorgfalt erledigt hat. Was ihm fehlt, ist die Fähigkeit, sein „Licht nicht unter den Scheffel zu stellen“! Also einer der Stillem im Lande. Ein Grund dafür, das Thierry entlassen wurde und auf dem Amt als hoffnungsloser Fall geführt wird. Außerdem ist er über 50. Ruhig und geduldig erträgt der Mann sein Schicksal und schleppt sich von „Fortbildungsmaßnahme“ zur nächsten. Seine Frustrationstoleranz scheint unendlich.
Stéphane Brizé inszeniert „Der Wert des Menschen“ kühl beobachtend als ein Streiflicht aus unserer Gesellschaft. Dabei ist ihm dankenswerter Weise weniger an Thierrys sozialer Misere gelegen, als an der Beschreibung seiner Versuche, seine Würde zu bewahren. So entstand ein Psychogramm von großer Menschlichkeit. Ein Film über das Standhalten gegenüber den Verhältnissen und dem Verbiegen der eigenen Integrität. Da geht es dann auch nicht mehr nur um Arbeitslosigkeit, sondern um einen Arbeitsmarkt, auf dem Menschlichkeit und der anständige Umgang mit einander Fremdworte sind.
Ein wichtiger, in seiner Vielschichtigkeit anregender und dabei sogar auch hoffnungsvoller Film: getragen von der überragenden schauspielerischen Leistung von Vincent Lindon in der Hauptrolle, der so berührend wie unauffällig in einem Laien-Ensemble agiert. Er ist dafür in Cannes mit dem Darsteller-Preis ausgezeichnet worden.
La Loi du Marche/Der Wert des Menschen, Frankreich 2015, Regie: Stéphane Brizé, mit Vincent Lindon
