Menschen im Hotel. Filmische Begegnungen in begrenzten Räumen war das Thema des“ XII. Internationalen Festival des Deutschen Film-Erbes“ Ende letzten Jahres in Hamburg. Ein überaus reizvolles Thema! Für alle die nicht dabei sein konnten, ist das Begleitbuch wieder im Verlag text+kritik erschienen. Mit einer DVD als Beigabe. Diesmal mit dem seltenen DER PAGE VOM DALMASSE-HOTEL von Victor Janson mit Dolly Haas und Harry Liedtke.
Das Hotel als anonymer Schutzraum, in dem der Gast von der Last seines Schicksals begleitet wird. Unzählige Filme zehren von diesen Umständen – zwischen „Zauberberg“ und „Grand Hotel“. Da leidet Greta Garbo, wird Jack Nicholson zum Monster und findet der Page sein Glück, ein Portier versinkt im Leid. Einsam und doch neugierig durchstreift der kleine Junge in Bergmans „Schweigen“ die Anonymität des Hotels. In jüngster Zeit hat vor allem Bastian Günther eine besondere Affinität zu Hotels im Film verraten. Sowohl in „Houston“, als auch in seinem experimentellen „Tatort – Wer bin ich?“ ist ein verstörter Ulrich Tukur in endlosen Fluren unterwegs… Sowohl „Das Schweigen“ als auch Günthers Filme sind beim „Cinefest“ außen vor geblieben. Schade.
Dafür wird Vicky Baum ausführlich gewürdigt. Ebenso das Berliner „Adlon“ und seine bizarre Geschichte (in Wirklichkeit und im Film). Der „Tatort“ Hotel wird an teilweise ausgefallenen Beispielen („Das gelbe Haus am Pinnasberg“), aber auch rarer Exponate beschrieben. Reizvoll auch der Aspekt „Hinter den Kulissen – das Hotelpersonal“. In diesem Zusammenhang darf natürlich Murnaus „Der letzte Mann“ nicht fehlen. Ergänzt durch das Harald Brauns Remake mit Hans Albers. Entdeckung und Rehabilitation zugleich.
In diesen Kontext gehört auch „Der Page vom Dalmasse-Hotel“, den Victor Janson im Frühjahr 1933 noch ganz im Stil der Depressions-Komödien der Zeit vor Hitler gedreht hat: Arbeitslose junge Frau verkleidet sich als Mann und verdingt sich als Hotel-Page. Eine bittersüße Komödie mit der zauberhaften Dolly Haas. Der Bonbon zu den teilweise arg akademisch gehaltenen Artikeln des Buches. Wie alle Cinegraph-Publikationen auf hohem Niveau und mithin nützlich.
Cinegraph (Hrsg.): Menschen im Hotel. Filmische Begegnungen in begrenzten Räumen. 162 Seiten mit Abb. und DVD. Verlag text+kritik – 25€