Das französische Volksmärchen von der „Schönen und dem Biest“ aus dem 18. Jahrhundert holte Jean Cocteau 1946 aus der Vergessenheit. Seine stimmungsvolle Verfilmung „La belle et la bête“ ist ein mittlerweile ein Klassiker des europäischen Nachkriegsfilm. Das Walt Disney-Remake als Animationsfilm erweckte 50 Jahre später den Stoff zu neuem Leben – aus dem anschließend das höchst erfolgreiche Musical hervor ging. Gestern Abend hatte eine Neuverfilmung von „La belle et la bête“ im Rahmen der Berliner Filmfestspiele Premiere. Regie führt der französische Fantasy-Spezialist Christophe Gans – in den Hauptrollen Vincent Cassel, Léa Seydoux und André Dussollier. Getreu nach dem diesjährigen Berlinale-Motto: Wir nehmen, was wir kriegen können und finden dafür im Gemischtwarenladen „Berlinale Gala Spezial“ ein glamouröses Plätzchen, hat also auch die Schöne und ihr Biest den Weg an die Spree gefunden…
Vergesst Cocteau, Jean Marais und den Poetischen Realismus mit seinen schönen langen Schatten… Ebenso das Musical „Beauty and the beast“ mit seinen zuckersüßen Ohrwürmern. Jetzt kommt Christophe Gans mit einer Version von „Die Schöne und das Biest“! Und die beweist, welches Kitschpotential in dem Stoff steckt!
Rein äußerlich geht Gans mit seiner „Belle et la Bete“-Version ganz weit zurück zu den Ursprüngen des Märchens, das Gabrielle-Suzanne de Villeneuve 1740 aufgeschrieben hat.
Jenseits von Cocteau ist das eine komplizierte Geschichte von Macht und Armut, vorschnellen Versprechungen und den Folgen frevelhaften Handelns. Um die Sache abzukürzen, nur so viel: während eines Waldspaziergangs pflückt der wieder einmal verarmte Vater eine Rose für seine Tochter Belle. Damit eckt er bei einem seltsamen Monster – halb Tier, halb Mensch – an. Der will zum Tausch für die Rose die Belle haben!
Tapfer, wie Mädchen in Märchen eben sind, erklärt sich die schöne Belle zu einem Date mit dem Monster bereit. Das ist dann auch gar nicht so schlimm wie angenommen. Außerdem wissen wir: im Biest steckt ein verzauberter Prinz, was öfter vorkommt!
Absolut humorfrei hat Regisseur Gans das Ganze mit viel digitalem Brimbramborium und seinem notorischen Hang zur Überinszenierung in Szene gesetzt. Besonders hemmungslos gibt er sich dabei diesmal dem reinen Kitsch hin, treibt ihn in Wort und Bild auf die Spitze, wie man es schon lange nicht mehr im Kino erlebt hat. Da tritt der Schmus über die Ufer und sensible Wesen greifen zum Papiertaschentuch…
…und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Ob man das dereinst von der Neuverfilmung von „Die Schöne und das Biest“ sagen wird, scheint mir fraglich. Ich würde eher die Prognose wagen, dass der Film einen schnellen Tod als Flop erleidet – trotz der wie immer höchst ansehnlichen belle Léa Seydoux! Im Wonnemonat Mai kommt „Die Schöne und das Biest“ in die deutschen Filmtheater.