Junge Regisseure haben dem deutschen Film in den letzten Jahren zu neuer Weltgeltung verholfen. Einer der „Väter“ des „deutschen Film-wunders“ ist das „Filmfestival Max Ophüls Preis“, das in diesem Jahr zum 34. Mal stattgefunden hat und gestern Abend in Saarbrücken zu Ende ging. Ein weiteres Mal stand das Festival Nachwuchsfilmemachern als Forum zur Verfügung. In einem wieder dich gedrängtem Programm wurde vorwiegend Erstlingsfilme präsentiert – sowohl im Dokumentar- als auch im Spielfilm. Erste Fingerübungen gab es in der Kurzfilmsektion des Festivals zu sehen. Mit dem diesjährigen „Max Ophüls Preis“ wurde die Österreichische Produktion „Der Glanz des Tages“ von Tizza Covi und Rainer Frimmel ausgezeichnet.
Ein berühmter Theaterschauspieler studiert eben eine komplizierte Rolle ein. Die Premiere steht kurz bevor. Da steht Onkel Walter vor der Tür. Ungebetener Familienbesuch und entsprechend lästig. Der Onkel erweist sich außerdem als ähnlich egozentrisch wie sein Neffe. Das ist die Ausgangslage in „Der Glanz des Tages“. Ein in Form und Inhalt außergewöhnlich origineller Film.
Also ein würdiger „Max Ophüls-Preisträger“, sieht man darüber hinweg, dass der Film bereits im vergangenen Sommer bei den Filmfestspielen von Locarno zu sehen war und auch einen Preis bekommen hat. Immerhin seine deutsche Premiere fand in Saarbrücken statt. Der Clou von „Der Glanz des Tages“ besteht darin, dass sich mit Philipp Hochmair einer der gegenwärtig wichtigsten Schauspieler des deutschsprachigen Theaters zwischen Wien und Hamburg praktisch sich selbst spielt – in einer improvisieren fiktiven Handlung.
Hochmair machte als Mephisto in Nicolas Stegmanns monumentaler „Faust“-Inszenierung am Hamburger Thalia-Theater Furore. Ebenso als Dorfrichter Adam im „Zerbrochenen Krug“ – ebenfalls am Thalia Theater. Hochmairs Partner in „Der Glanz des Tages“ ist Walter Saabel als Onkel Walter. Saabel war in jungen Zirkusakrobat, ansonsten ist er Laiendarsteller.
Allein die personelle Konstellation ist originell! Aber auch die Idee: ein der Welt entrückter Theaterstar muss sich wohl oder übel den bohrenden Fragen des Onkels, nach dem Sinn des Theaters und seiner Beziehung zur Wirklichkeit stellen. Dafür fanden Tizza Covi und Rainer Frimmel eine unbekümmerte neue filmische Ausdrucksweise. Obwohl sie mit schwierigen existentiellen Fragen jonglieren, was es mit der gesellschaftspolitischen Relevanz auf sich hat zum Beispiel, gerinnt das Ganze nicht zum Traktat und zur modischen Attitude!
Das Spiel mit dokumentarischen und fiktionalen Versatzstücken war in diesem Jahr beim „Festival Max Ophüls Preis“ ein Stilmittel, das neuerdings gerne von jungen Filmemacherinnen Filmemacher benutzt wird.
So von Bettina Blümner in ihrem neuen Film „Scherbenpark“, für den sie mit dem „Fritz-Raff-Drehbuchpreis“ ausgezeichnet wurde: eine junge Frau will den Tod der Mutter rächen, in dem sie plant, den Stiefvater um zu bringen. Anlass zu einer Odyssee durch ein feindliches, böses Berlin.
Bei „Scherbenpark“ sind die Grenzen zwischen nüchterner Beobachtung und inszenierter Wirklichkeit fließend. Im Interview sagte die Regisseurin eine Unterscheidung zwischen Dokumentarischem und Fiktionalem sei für sie irrelevant. Es komme allein auf die authentische Wirkung an.
Dazu braucht es Schauspieler, die in der Lage sind, das Maß des Authentischen auszufüllen. Großartige Schauspieler sorgten in Saarbrücken dafür, dass man den Filmen gebannt folgte: in „Scherbenpark“ – übrigens eine SWR-Koproduktion – ist es die hin-reißende Jasna Fritzi Bauer. Sie wurde mit dem Max Ophüls Preis als beste Darstellerin ausgezeichnet. Als männliches Pendant ist Max Mauff! Er bekam die Auszeichnung für seine Hauptrolle in Carsten Ludwigs „In der Überzahl“.
Durch weg starke Produktionen waren in Saarbrücken auch in der Sektion „Dokumentarfilm“ zu sehen. Nachdem sie bereits Mitte letzter Woche beim „Tieste Film Festival“ mit dem Hauptpreis bedacht wurden, bekamen Dragan von Petrovic und Lena Müller für „Dragan Wende – West Berlin“ in Saarbrücken den Max Ophüls-Preis für den besten Dokumentarfilm: die Rekonstruktion einer ungewöhnlichen Biographie:
Dragan Wende war in West-Berlin vor der Wende ein King im Rotlichtmilieu. Doch seit 20 Jahren stockt das Geschäft, die Konkurrenz aus Ost und West machen ihm das Leben in der Halbwelt schwer. Auch hier eine pfiffige Kombination aus vorgefundenem, historischem Filmmaterial mit neu gedrehtem. Große Talente wohin man blickt: junge Filmemacher, die von cineastischen Visionen be-geistert sind.
Bei aller Begeisterung, wurde auch beim „34. Filmfestival Max Ophüls Preis“ vor Blütenträumen gewarnt. Der deutsche Filmmarkt ist nicht unendlich: Die Besucherzahlen bei den meisten Filmen der jungen Regisseure – wenn sie denn überhaupt einen Verleiher gefunden haben – sind ernüchternd und belegen, dass auch in diesem Metier viele Gerufen, aber nur Wenige erwählt sind….