Deutschland 2012
Regie: Marion Hütter
Mit Philipp „Scharri“ Scharenberg, Sebastian 23, Julius Fischer, Christian Meyer, Theresa Hahl
Kinostart: 6. Sept. 2012
„Poetry Slam“, hat sich seit den 1980er Jahren als neue Form des literarischen Ausdrucks in der Öffentlichkeit etabliert. Dabei folgt eine „Poetry Slam“-Performance feststehenden Regeln, die für alle Teilnehmer verbindlich sind. Die Zuschauer wählen am Schluss der Veranstaltung der Sieger. Inzwischen hat sich „Poetry Slam“ vom lockeren Stelldichein von Hobby-Dichtern zu mehr oder weniger kommerziellen Veranstaltungen entwickelt. Reich kann man als „Slammer“ zwar immer noch nicht werden, aber über den Kreis der Fans hinaus bekannt werden schon. Von vier Poetry Slammern an der Schwelle vom Amateur zu Profis in der Entertainment-Branche handelt der Dokumentarfilm „Dichter und Kämpfer – Das Leben als Poetryslammer in Deutschland“. Nach seiner Uraufführung bei den diesjährigen Berliner Filmfestspielen, feiert der Film am kommenden Donnerstag in Stuttgart seine Kinopremiere.
„Poetry-Slam-Stars wie Philipp „Scharri“ Scharrenberg füllen inzwischen große Hallen wie die O2-Arena in Hamburg mit 14 500 Besuchern: Kein Wunder, dass Scharrenberg auf dem Weg zur Profikarriere als Kabarettist ist. Von der weitgehend brotlosen Kunst des Poetry Slam allein lässt sich auf Dauer nur schwer leben. Selbst wenn man es wie Scharrenberg zum deutschen Meister gebracht hat, zur Stuttgarter Lesebühne „7PS“ gehört und einen regelmäßigen Auftritt im Münchner Rationaltheater hat.
Julius Fischer und Christian Meyer haben sich auch als „The Fuck Hornisschen Orchestra“ einen Namen gemacht und können bereits eine lange Liste mit CD- und DVD-Veröffentlichungen vorweisen können. Trotzdem fürchtet Julius Fischer bei einer weiteren Kommerzialisierung der Szene ein Nach-lassen der Kreativität. Sieht der Zukunft aber insgesamt gelassen entgegen.
Programmatisch „Schwerkraft und Leichtsinn: Texte für oben und unten“ ist der Titel des jüngsten Buchs von „Sebastian23“, der im bürgerlichen Leben Sebastian Rabsahl heißt. Seit 2002 im Geschäft, inzwischen mehrfach ausgezeichnet und über die nationalen Grenzen hinaus einer der bekanntesten Slammer.
Im Gegensatz zu den bereits etablierten Herren der Szene, hat die 24jährige Theresa Hahl ihre Liebe und vor allem ihr Talent für Poetry-Slam erst vor kurzer Zeit entdeckt.
„Dichter und Kämpfer“ nennt Marion Hütter ihr Filmdebut, das von der jungen Stuttgarter Produktionsfirma „Kunststoff“ finanziert wurde. Eine nuancenreiche und dabei auch diskrete Annäherung an vier poetische Naturbegabungen. Während Scharrenberg und Co. mit ihrem eleganten Wortwitz den absurden Untiefen unserer Welt sprachlich auf die Schliche kommt, verweist Theresa Hahl mit eher leisen Tönen auf eine neue Empfindsamkeit. Marion Hütter begleitet die jungen Künstler bei ihren Auftritten und dann nach Hause. Bei dieser Exkursion wird klar, dass Poetry Slam längst die Phase des Experiments hinter sich gelassen hat und ein fester Bestandteil nicht nur der Kleinkunst, sondern des literarischen Ausdrucks unserer Zeit geworden ist. Dafür fand die Regisseurin eine überzeugende filmische Form, die „Dichter und Kämpfer“ über eine Fernsehreportage hinaus zum Kinoereignis macht…