Alles wie bestellt: ein warmer Sommerabend und der Schweizer Nationalfeiertag. Mehr hätte sich Präsident Marco Solari zur Eröffnung der 65. Ausgabe des „Festival del Film Locarno“ gar nicht wünschen können. Später hing dann noch ein mediteraner Vollmond über der Piazza Grande.
Bis auf den letzten der 8000 Plätze war die Piazza Grande besetzt, als Solari souverän viersprachig begrüßte. Dann sang eine Sopranistin zur Feier des Tages die Schweizer Nationalhymne (dreisprachig). Und dann kam sie! Charlotte Rampling. Tatsächlich: ihre Persönlichkeit füllt nicht nur filmische Räume – von Viscontis „Götterdämmerung“ (1974) bis Lars von Triers „Melancholia“ (2011) sondern eine ganze Piazza Grande!
Dabei schien der Schauspielerin die Sache etwas peinlich, als ihr die Abgesandte einer französischen Schaumweinfirma der höheren Preisklasse einen „Excellence Award“ überreichte. Da wird sich die Rampling morgen vermutlich wohler fühlen, wenn sie mit dem Publikum Liliana Cavanis Skandalfilm „Der Nachtportier“ diskutiert und anschließend den von ihrem Sohn Barnaby Southcombe mit Mama in der Hauptrolle inszenierten jüngsten Film „I Anna“ vorstellt.
Eben war der offizielle Teil auf der Bühne vorbei, als die Lokaneser Feuerwerke abbrannten. Was bei uns nur zu Silvester vorkommt, ist bei den nationalbewußten Eidgenossen auch am 1. August üblich.
Auch das passte zum Programm des Festivals. Im Eröffnungsfilm „The Sweeney“ von Nick Love („The Football Factory“) über eine Spezialeinheit der Londoner Polizei kracht und knallt es nämlich ausdauernd und beträchtlich. Ebenso häufig wird das Wort „Fuck“ gebraucht.
Eigentlich kein Film für einen lauen Sommerabend. Ray Winstone mimt einen in die Jahre gekommenen Polizisten, der nicht lange fackelt, wenn es um Recht und Ordnung geht. Aber, „Fuck, Fuck, Fuck“, neuerdings geht alles schief und das Altenteil droht… Ein etwas nerviger Film übers Altwerden mit viel Geschieße und Gerenne…
Spröde fängt das eigentliche Festival morgen mit dem mexikanischen Beitrag zum internationalen Wettbewerb um die Goldenen und Silbernen Leoparden an: „Los mejores temas“ von Nicolás Pereda handelt in minutenlangen statischen Ein-stellungen von der Sprachlosigkeit zwischen den Menschen. Wer nicht zwischendurch einschläft (wie ich bei der spätnachmittäglichen Pressevorführung!) kann dabei sicher etwas lernen…