Bilder von bewaffneten Konflikten zwischen Syrien und Afghanistan sind im Fernsehen und im Internet ständig präsent. Eigentlich ist damit alles gesagt, was es zu diesem traurigen Kapitel der menschlichen Gesellschaft und des Unvermögens der Menschen friedlich zusammen zu leben in einer gemeinsamen Welt. Was bleibt da für engagierte Filmemacher anderes übrig, als zu resignieren. Trotzdem versuchen sie immer wieder an das Gewissen der Menschen zu appellieren, in dem sie die Schrecken und die Sinnlosigkeit von Kriegen anprangern. Schwierig wird es allerdings dann, wenn es um die gewaltsame Befreiung von Okkupation unter Unterdrückung durch Gewaltregime geht. Zum Beispiel in Algerien in den 1950er und 1960er Jahren, als sich die Bevölkerung mit Gewalt gegen die Kolonialmacht Frankreich wehrte oder die Kambodschaner gegen das blutige Regime der Roten Khmer. Gleich mehrere bemerkenswerte Filme sind dazu jetzt auf DVD und Blu-ray erschienen.
Als einer der wichtigsten, gleichzeitig aber auch umstrittensten Filme, die sich mit dem Befreiungskampf eines unterdrückten Volkes durch eine Kolonialmacht beschäftigen, ist die „Schlacht um Algier“ des italienischen Regisseurs Gillo Pontecorvo aus dem Jahr 1966 in die Geschichte eingegangen. Nach dem er lange nicht zu sehen war, ist „Schlacht um Algier“ jetzt von „Pierrot le fou“ auf DVD veröffentlicht worden.
Die sogenannte „Schlacht von Algier“ von 1957 eine Schlüsselepisode aus der Anfangszeit des Algerienkrieges. Der Anfang vom Ende der französischen Kolonialherrschaft in Nordafrika. Mit Hilfe der 10. Fallschirmjägerdivision gelang es dem französischen General Jacques Massu damals ohne Rücksicht auf Verluste die algerische Befreiungsbewegung FLN zumindest vorübergehend zu zerschlagen. Dem militärischen Sieg stand ein moralisches Desaster gegenüber. Der „schmutzige Krieg“ in Algerien hat Frankreich international diskreditiert, nachdem bekannt wurde, das systematisch gefoltert, in jeder Beziehung das Völkerrecht gebrochen und die Spirale der Gewalt angezogen wurde. Die FLN reagierte mit Anschlägen und Entführungen.
Regisseur Pontecorvo und sein Koautor Franco Solinas hatten kurz nach der Unabhängigkeit Algeriens vor Ort recherchiert und den Film dann an Originalschauplätzen mit einheimischen Laiendarstellern realisiert. Dabei bemühten sie sich um strikte Objektivität und geben ihm mehr den Charakter eines Dokumentar-und weniger eines Spielfilms. Nüchtern wird die gesamte Palette des Grauens und die Entmenschlichung des Konflikts rekonstruiert.
Der Objektivitäts-Grundsatz Pontecorvos verhalf seinen Film allerdings zu trauriger Berühmtheit, die der Regisseur nicht beab-sichtigt hatte: die amerikanischen und die Streitkräfte anderer Länder benutzen in der Vergangenheit „Schlacht um Algier“ als „Lehrfilm“ für ihre Soldaten – von Nordirland, über Lateinamerika bis zum Irak. Nicht nur als Einführung in die Strategie eines „Asymetrischen – sprich: Bürgerkrieges – sondern auch in die Effektivität von Foltermethoden. In ausführlichen Interviews im Bonusteil der DVD „Schlacht um Algier“ nehmen dazu sowohl Regisseur Pontecorvo als auch der Produzent und ehemalige FLN-Aktivist Yacel Saadi Stellung. Auf Saadis Autobiographie „Souveniers de la Bataille d’Alger“ basiert der Film. Die aufschlussreiche Edition eines Films, der wie kaum ein anderer die Problematik von Anti-Kriegsfilmen verdeutlicht. Die Gefahr, den Applaus von der falschen Seite zu bekommen, ist bei keinem anderen Genre derart groß.
Pontecorvos „Schlacht um Algier“ hat im Laufe der letzten Jahrzehnte unzählige Nachfolger gefunden. Die koloniale Vergangenheit Frankreichs in Nordafrika ist nach wie vor ein nur bedingt aufgearbeitetes Trauma der „Grande Nation“.
StudioCanal/Arthaus präsentiert als DVD/Blu-ray-Premiere unter dem englischen Titel „Outside the Law“ den jüngsten Film des algerisch-französischen Regisseurs Rachid Bouchareb. „Hors-la-loi“ hatte seine Uraufführung bei den Filmfestspielen von Cannes 2010.
Mit seinen bevorzugten Schauspielern Jamel Debbouze und Roschdy Zem geht es in „Hors-la-Loi“ um die Auswirkungen des Algerien-krieges auf die Menschen dieses Landes. Eine bittere Familiengeschichte. Der Krieg hat sie ihrer Existenz und Hauses beraubt. Am Beispiel von drei Brüdern schildert Bouchareb unterschiedliche Konsequenzen und Lebensentwürfe aus der Entwurzelung:
Der assimilierte Messaoud schließt sich der französischen Armee an und kämpft für die untergehende Kolonialmacht Frankreich in Indochina – während dieselbe Militärführung zu Hause in Algerien seine Familie terrorisieren lässt. Bruder Abdelkader ist als Mitglied der FLN für blutige Anschläge auf französische Zivilisten verantwortlich. Der dritte Bruder, Said, will von Politik nichts wissen, was ihm auch nicht viel hilft: er gerät in Paris in die Unterwelt der Zocker.
Die Folgen der französischen Kolonialherrschaft sind nicht nur im Magreb bis heute mehr oder weniger dramatisch spürbar, sondern auch in Südostasien. Zum Beispiel in Kambodscha, das zwar formal bereits 1953 in die Unabhängigkeit entlassen wurde, aber über Jahrzehnte nicht zur Ruhe kam.
Mit dem dunkelsten Kapitel in der jüngeren Geschichte, die Diktatur der Roten Khmer beschäftigt sich der Dokumentarfilm „Enemies of the Peoples“, der als 2-Disc Special Edition exklusiv beim Internet-Gemischtwarenladen „Amazon“ zu haben ist.
Dem englischen Dokumentaristen Rob Lemkin ist es zusammen mit dem kambodschanischen Journalisten Thet Sambath gelungen, für den Film die Verantwortlichen für den unvorstellbaren Massenmord am eigenen Volk vor die Kamera zu holen. Zwischen 1970 und 1975 wurden zwischen 750 000 und einer Million Menschen in Kambodscha umgebracht. Der Dokumentarfilm „Enemies of the People“ wird auf dieser DVD-Edition mit einem über sechstündigen Bonusteil ergänzt. Die vorzügliche Aufarbeitung von Zeitgeschichte kostet rund 20 Euro; die „Schlacht um Algier“ 17, die DVD von„Outside the law“ 14 und die Blu-ray 17 Euro.