Deutschland 2012
Regie: Jan Fehse
Mit Anne Schäfer, Wiebke Puls
Kinostart: 14. Juni 2012
Wenn Eltern ihre Kinder töten, ist der Grund meistens Überforderung. Die Schuldzuweisungen liegen auf der Hand. Ein unentschuldbares Verbrechen. Die einschlägigen Gazetten sind mit ihrem Urteil schnell bei der Hand. Von Monster-Müttern und –Vätern ist die Rede. Jasmin ist eine solche „Rabenmutter“. In seinem neuen Film „Jasmin“ entwirft Regisseur Jan Fehse das Psychogramm einer Täterin, die ihre kleine Tochter ermordet hat und räumt dabei mit einfachen Erklärungen auf.
Jasmin (Anne Schäfer) ist eine junge Frau Mitte 20. Sie hatte bisher kein Glück im Leben; die falschen Männer, der falsche Job, ein Kind zur Unzeit. Der Erzeuger hat Jasmin nach der Geburt von Franziska verlassen. Sie wollte Schluss machen und das Kind mitnehmen. Das Kind starb, Jasmin überlebte. In der Geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie wartet sie auf ihren Prozess. Die Psychiaterin Dr. Feldt (Wiebke Puls) soll dafür ein forensisches Gutachten über Jasmins seelische Verfassung erstellen.Die Psychiaterin begegnet einer verstörten jungen Frau, die bereits in der ersten Sitzung betont, dass sie sich ihrer Schuld bewusst ist und nicht weiß, wie sie damit weiterleben soll.
Schritt für Schritt versucht die Ärztin, einen Einblick in Jasmins Fühlen und Denken zu bekommen. Dabei finden die beiden Frauen eine gemeinsame Ebene der Kommunikation. Auch wenn es darum geht, über Jasmins Tat zu reden.
Das Drehbuch zu „Jasmin“ hat Produzent und Drehbuchautor Christian Lyra in enger Zusammenarbeit mit Psychiatern geschrieben. Das darauf auf der Leinwand kein Lehrstück für angehende Forensiker wurde, ist dem Können von Regisseur Jan Fehse zu verdanken. Er verstand es aus dem Zweipersonen-Stück, das fast ausschließlich im selben Raum stattfindet, ein fesselndes Kammer-spiel zu machen.
Wibke Puls und vor allem Anne Schäfer in der Titelrolle gelingt es den Spannungsbogen einer schmerzlichen Selbstfindung – bei der Patientin und der Ärztin – über die gesamte Dauer des Films aufrecht zu erhalten.
Anne Schäfer steht zurzeit als „Elektra“ in der gefeierten Sophokles-Inszenierung von Hans-Ulrich Becker auf der Bühne des Heidelberger Theaters. Schäfer gehört zu einer neuen Schauspieler-Generation, die auf der Leinwand eine ebenso gute Figur machen, wie auf dem Theater: die Erfahrung mit großer Weltliteratur wie „Iphigenie“ oder „Elektra“ lassen sie auch schwierige Rollen wie die der „Jasmin“ meistern. Deshalb bietet der Film neben Fehses innovative Art der Inszenierung auch große Schauspielkunst!